05.03.12

Hallo Freunde,

ich darf euch heute aus Berlin grüßen und möchte euch kurz die urbanen als auch politischen Eindrücke schildern.

Obwohl man unser schönes Dortmund durchaus als Großstadt bezeichnen kann, so ist man doch angesichts der unglaublichen Größe Berlins beeindruckt und sogar ein wenig überwältigt. So reicht es eigentlich schon aus mit dem dichten und weit verzweigten S-/U-Bahn und Busnetz zu fahren, um ein wenig Weltstadt-Luft zu schnuppern. Die Fahrt von meinem Wohnort in Neu-Kölln bis zum Reichstag dauert „nur“ 30 Minuten. Doch brauch man zum einkaufen nicht wieder den Weg in das Stadtzentrum anzutreten, da nahezu alle größeren Stadtteile ihre eigenen Einkaufsmeilen haben. Neu-Kölln, bei uns im Westen eher bekannt durch die Rütli-Schule, hat nur wenig mit unserer Nordstadt gemein. Zwar ist auch hier der Migranten-Anteil sehr hoch, doch durch die vielen Geschäfte und Restaurants erfährt Neu-Kölln sicherlich nicht nur optisch eine Aufwertung. Auch wenn die Rütli-Schule mittlerweile offiziell als Erfolgsmodel gilt, in diversen Internetforen ist die Stimmung anders, so lässt sich nicht abstreiten, dass bei 90% Migranten-Anteil bei Schülern in Neu-Kölln, meist aus den bildungsfernen Schichten (spiegel.de), und hoher Kriminalitätsrate, noch einiges „zu tun“ ist. Dennoch glaube ich, dass es hier nicht schlimmer ist als in anderen Brennpunkten deutscher Großstädte.

Im Bundestag und im Regierungsviertel ist das Bild sicherlich ein anderes, dennoch kommt man bei einigen Abgeordneten um den Vergleich eines pöbelnden Jugendlichen im Bus nicht herum. Gerade beim Thema Mindestrente sah dieLinke mal wieder ihre große Chance im Klassenkampf zu punkten. Doch es half kein Zetern und kein Meckern. Union, FDP und SPD stellten sich gemeinsam gegen die undenkbaren da unbezahlbaren Vorschläge. Man konnte erstaunt beobachten, dass bei den SPD-Abgeordneten nicht sofort der „Mindeslohn-knopf“ gedrückt wurde. Ein weiteres, aktuelles Thema im Plenum war die Drucksache 17/8613. Hinter dieser Nummer steckt ein Gesetzesentwurf zur Verschärfung des Strafgesetzbuches im Bereich des Paragrafen 108e „Abgeordnetenbestechung“. Eingereicht wurde dieser von der SPD, welche in der Debatte gewohnte Schützenhilfe der Grünen erfuhr, die die Speerspitze der strafrechtlichen Sanktion am liebsten direkt auf die Insel „Sylt“ gesetzt hätte. Gerade mit Blick auf die Debatte Wulff (in seiner Funktion als Ministerpräsident Niedersachsens), ist eine durchaus berechtigte Diskussion zum Thema Abgeordnetenbestechung wichtiger, als die Bedienung von Klischees. Die Grünen preisten Sylt noch schnell als „wunderschönen Ort“ bevor sie dann knallhart auf die hummeressende, champagnerschlürfende und polotragende Bonzen-Elite einprügelten. Ich war selbst noch nie auf Sylt, aber ich glaube, dass diese Hetze sowohl der Insel selbst als auch dem hohen Hause unwürdig ist. Zudem mangelte es dem Entwurf an juristischer Ausarbeitung. Es gibt noch Diskussionsbedarf…

Mit besten Grüßen aus der Hauptstadt
Sandro